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Schlagwort: Gebet

Gebet

Das ist so eine Sache mit dem Gebet. Funktioniert es denn?

Ich habe schon so einiges darüber gehört, gelesen und gesehen und vieles fand ich äußerst merkwürdig und manches infantil.

Für manche ist das Gebet so eine Wunscherfüllungsgeschichte. Klar, vor dem Essen wird auch gedankt, aber dann wird für alles mögliche gebetet. Man hört es schon an der Formulierung: „Für etwas beten“. Da geht es um die Wahl des richtigen Partners oder Ausbildungsplatzes. Oder auch um die Heilung eines kranken Menschen. Das sind sicher alles berechtigte Gebete, allerdings, wenn ich Gebet ausschließlich so sehe, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. 

Vor einiger Zeit habe ich einen Podcast gehört über eine ehemalige Pastorin, die zur Atheistin wurde, weil ihre Gebete scheinbar unerhört blieben.

(Mir ist klar, das ich hier etwas vereinfache)

Konsequent, aber traurig.

Für mich ist es folgerichtig, dass ich nicht an einen Gott glauben kann, den ich nicht wahrnehmen kann, mit dem ich nicht in Kontakt treten kann. Ein nicht erfahrbarer Gott ist aus menschlicher Sicht sinnlos. Über einen Gott, der keine Auswirkungen auf mein Leben hat, muss ich nicht nachdenken.

Nun, ich glaube und ich bete und das aus, wie ich finde, gutem Grund.

In meinem Leben gab es immer wieder Momente der Gottesbegegnung.Manchmal zutiefst erfüllend, manchmal angsteinflößend. Immer aber überraschend. Nie berechenbar. Es ist immer wieder so, als würde für einen kurzen Moment etwas sichtbar, das sonst unsichtbar ist. Ein Vorhang, der für einen Augenblick ein wenig gelüftet wird. Das Geheimnis bleibt gewahrt aber es ist klar, dass es ein Geheimnis gibt.

Das Gebet, das sich ausrichtet auf Gott, kann eine Verbindung sein in diese andere Wirklichkeit. Ob es gelingt, hängt nicht von mir ab. Letzten Endes ist alles von Gott anhängig. Ich kann nur hinhören, hin fühlen und hin glauben.Wenn ich mich von meinen Erwartungen nicht blenden lasse und offen bin für das Reden Gottes, kann alles Mögliche und Unmögliche passieren.

Also ja, ich glaube und ich bete und das aus gutem Grund. Für mich der einzige Grund, warum Leben für mich Sinn ergibt. Ein Grund der tragfähig ist. Darauf will ich immer wieder bauen.

Das große Rad kann ich nicht drehen, aber…

Wenn ich so durch meine Zeit gehe, Tag für Tag sehe ich das Abbild des Lebens, so wie wir es uns schaffen. Meistens habe ich auch einen beobachtenden Blick beim Verrichten meiner Alltagsgeschäfte.

Ich frage mich, warum wir Menschen dies oder jenes tun, warum ich das tue, was ich tue. Ich bin nun schon über 60 Jahre auf meiner Reise und ich stelle fest, dass die Welt mich mehr und mehr erschrickt. Ich erschrecke über das Verhalten der Menschen und ich schäme mich, denn ich bin ein Teil davon. Ich schwimme mit, mit dem Strom, ungewollt, aber auch unfähig, etwas Wesentliches zu verändern. Ich bin Teil des Ganzen.

Und ich sehe, dass wir Menschen es nicht schaffen, über diese Erde zu gehen, ohne sie zu zerstören.

Die Welt ist voller Leid. Jede Pflanze, jedes Tier und jeder Mensch ist Leid geplagt. Viele von uns wollen es nicht sehen, denn es würde eine ernsthafte Auseinandersetzung mit sich selbst verlangen. Ein schmerzhafter Prozess. Viele können es nicht sehen. Sie besitzen nicht die Intellektuellen Fähigkeiten und streben auch nicht danach. Sie begnügen sich mit kurzen Reizen, kurzen Befriedigungen. Manche sehen es und zeigen schreiend mit Fingern auf andere. Keine Lösungen, nur Zorn. Ein paar wenige versuchen tatsächlich Lösungen zu finden und sind bereit, eine lange Strecke zu gehen, bis ihre Ideen funktionieren.

Und Ich?

Ich sehe wie um mich herum Hass und Vergehen Triumphe feiern.

Ich fühle mich ohnmächtig und schwach.

Was kann ich tun?

Das große Rad kann ich nicht drehen. Ich bin nicht Reich und ich bin kein Politiker. Ein klein wenig kann ich in meinem Leben tun. Ich kann versuchen, im Rahmen meiner Möglichkeiten gut mit der Natur um zu gehen. Ressourcenschonend zu leben.

Aber vielleicht gibt es da doch etwas, das ich tun kann.

Da ist zum Beispiel das Gebet.

Gebet ist für mich das Ausstreuen einer Saat. Ich weiß nicht, ob und wann sie aufgehen wird, aber es bewirkt etwas. Es bewirkt etwas bei mir. Ich verändere mich. Bekomme einen anderen Blick auf die Dinge. Ich werde gelassener, denn ich fühle, dass ich nicht alleine bin in diesem Lebensstrudel.

Ich konnte aber auch immer mal wieder erleben, dass mein Gebet auch außerhalb von mir nicht ohne Wirkung bleibt.

Ich konnte immer mal wieder staunen über eine aufgegangene Saat.

Das Gebet ist ein wirkungsvolles Instrument.

Ich kann auch gute Saat ausstreuen, wenn ich Gutes in die Welt hinaus schicke. Wenn ich mich anders verhalte. Wenn ich nicht mit einstimme in den Chor des Meckerns und des Zornes. Ich kann freundlich sein. Ich kann Hoffnung verbreiten. Die Angst, welche sich oft in Zorn und Hass äußert, lindern, indem ich etwas Liebevolles entgegensetze.

Alleine diese zwei Dinge fallen mir oft schwer, aber ich glaube, es lohnt sich, wenn ich an diesen Punkten an mir arbeite.

Wenn es mir gelingt, mich hier zu verändern, habe ich die Welt verändert.

© 2025 Michael Schubert

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