Texte und Musik

Monat: September 2024

Die zehn Gebote – Teil 6

Du sollst nicht ehebrechen ….

… und dennoch passiert es. Ehen scheitern. Das Leben läuft eben nicht immer so, wie wir uns das vorstellen.

Aber was stellen wir uns denn vor? Ich habe manchmal den Eindruck, dass Partnerschaft zu einem Wegwerfartikel geworden ist. Wenn es schwierig wird, gehe ich eben dahin, wo es leichter ist, vermutlich leichter.

Viele wollen gar keine Ehe mehr, kein Versprechen mehr, auf dass man sich verlassen kann, soweit das menschlich eben absehbar ist.

Klar, es gibt auch genug Trauscheine ohne Ehen, ein zwanghaftes zusammen bleiben. Auch irgendwie nicht im Sinne des Erfinders.

Was ist das also mit der Ehe?

Dieses Konzept scheint uns heraus zu fordern und mal ehrlich, wer glaubt, bei der Ehe ginge es nur um steuerliche Vorteile, hat sich damit noch nicht ausreichend beschäftigt.

Ich weiß, wie schwierig diese Sache ist, auch ich bin daran gescheitert, aber dennoch bin ich ein Freund von dieser Idee, denn ich glaube, sie entspricht uns. Der Punkt ist doch, wir scheitern ständig. Sind wir immer ehrlich? Tun wir immer das Richtige? Sind wir frei von Fehlern? Ich glaube, kein erwachsener Mensch kann das wirklich von sich sagen. Also scheitern wir auch hier, nicht alle, aber manche eben doch.

Diese intensive Beziehung zwischen zwei Menschen, durch Höhen und Tiefen, will ein Rahmen sein, in dem wir uns entfalten können. Uns fallen lassen können in dem Wissen, der andere Mensch trampelt nicht auf meiner Seele herum. Mut, Vertrauen und Ausdauer sind hier gefragt.

Die Tiefe des anderen zu ergründen braucht Zeit, die wir uns meist nicht mehr geben. Auch leiden wir selbst darunter, nicht mehr ergründet zu werden. Wir wollen erkannt werden. Sonst werden wir einsam.

Dennoch verstecken wir uns oft hinter einer glänzenden Fassade, auch in unseren Beziehungen. Schaffen wir es, wenigstens zu einem Menschen ehrlich zu sein? Unser Herz aufzumachen? Das braucht Zeit und kann nur in diesem Schutzraum gelingen. Ein Schutzraum, in dem kein anderer etwas zu suchen hat.

Es gibt auch Ehen/Beziehungen, die krank machen, die lebensfeindlich sind. Ich finde, daraus sollte man sich schnell entfernen. Es geht nicht darum eine hohle Form zu wahren, sondern sich auf einen, sicher auch manchmal schwierigen Weg zu begeben, welcher uns reifer, erwachsener und glücklicher macht.

Brechen wir dieses gewachsene Gebilde auseinander, bleiben tiefe Wunden. Es sei denn, wir haben es nie wirklich ernst gemeint, haben uns nicht auf den anderen ernsthaft eingelassen.

Eine solche Beziehung zu zerbrechen, bedeutet zumindest teilweise Entwurzelung.

Beziehungen/Ehen müssen gepflegt werden, aber wir sollten uns und dem anderen auch vergeben können, wenn wir scheitern.

Die zehn Gebote – Teil 5

Du sollst nicht töten.

Es war die Zeit des Vietnamkrieges.

Ein siebzehnjähriger Soldat meldete sich freiwillig zur US-Armee.

Viele Jahre später erzählte er seine Geschichte.

Vor einigen Jahren hörte auch ich sie in einer Radiosendung.

Er erzählte, dass er seinen achtzehnten Geburtstag an der Front feierte.

An seinem Geburtstag wurde ihm klar, dass er bereits mehr Menschen getötet hatte, als er alt war. Wie viel genau wusste er nicht, er hatte irgendwann aufgehört zu zählen. Die Zeit verging und das Töten ging weiter.

Irgendwann war für ihn der Krieg vorbei. Er hatte überlebt, ohne sichtbare Verletzungen. Er merkte allerdings, dass er sich verändert hatte. Das Leben bestand für ihn nur noch aus einem Funktionieren. Als junger Mensch hatte er Pflanzen und Blumen sehr gemocht, doch nun empfand er nichts mehr, wenn er sie sah. Er empfand überhaupt nichts mehr. Jegliche Freude war ihm abhanden gekommen. Er war teilnahmslos sich selbst und anderen gegenüber. Er fühlte sich tot.

In einem Interview beschrieb er, dass er nicht nur andere getötet hatte, sondern auch sich selbst. Im Laufe von Jahren wurde ihm bewusst, dass mit jedem Menschen, dem er das Leben nahm, er auch ein Stück seines eigenen Lebens verlor. Der Schaden an seiner Seele war enorm.

Er beschloss nach Vietnam zu reisen. Vielleicht konnte er dort wieder finden, was er viele Jahre vorher verloren hatte.

Er schloss sich dort einem bekannten Friedensaktivisten an und begann seine Geschichte zu erzählen. Er setzte sich fortan für den Frieden ein.

© 2024 Michael Schubert

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